EXPORT- UND ZOLLPRAXIS KOMPAKT

Aufschubkonten

Erleichterung bei der Wareneinfuhr, auch für Speditionen?

Text: Anastasia Kazantzis | Foto (Header): © Maksym Yemelyanov – stock.adobe.com

Als schnell wirkende konjunkturelle Maßnahme zum Ankurbeln der Wirtschaft während der Pandemie wurde die Inanspruchnahme des laufenden Zahlungsaufschubs für importierende Unternehmen vereinfacht. Bei regelmäßiger Überlassung von Nicht-Unionswaren in den zollrechtlich freien Verkehr kann das Zahlungsziel für die Einfuhrumsatzsteuer ohne Sicherheitsleistung verlängert werden. Das verbessert vermeintlich die Liquidität. Doch hat die verlängerte Zahlungsfrist nach mehr als zwei Jahren Pandemie tatsächlich die langersehnte Lösung für die stagnierenden Lieferketten gebracht oder das Risiko für Zahlungsausfälle erhöht?

Auszug aus:

Zoll.Export
Ausgabe April 2023
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Als Maßnahme zur Milderung wirtschaftlicher Schäden durch die Corona-Pandemie, hat die Generalzolldirektion im Jahr 2020 die Bewilligungsvoraussetzungen für den Zahlungsaufschub für die Einfuhrumsatzsteuer über sog. Aufschubkonten vereinfacht. Schon recht früh war klar, dass die Pandemie schwerwiegende Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Geschehen in Deutschland haben würde, was erwartete wirtschaftspolitische Herausforderungen mit sich brachte.

Während die Logistik bereits 2017 eine Änderung beim Einfuhrumsatzsteuerverfahren forderte, geriet die Branche aufgrund der durch die Pandemie veränderten Angebots- und Nachfragebedingungen noch stärker ins Wanken. Besonders die vereinfachten Bedingungen bei Zöllen und Einfuhrabgaben in europäischen Nachbarländern stellten eine Herausforderung für viele deutsche Logistikunternehmen dar. Mit fortschreitendem Pandemiegeschehen und anhaltenden Schwierigkeiten im Importsektor fürchtete die Branche nun erst recht um ihre Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Handel.

Die Bindung von Liquidität durch Einfuhrabgaben galt dabei laut Branchenvertretern als hauptverantwortlich für Wettbewerbsverzerrungen auf dem Markt. Um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen dauerhaft zu sichern, entschied sich die Bundesregierung, nach Prüfung mehrerer Verfahren, für eine kurzfristig umsetzbare und technisch einfache Lösung.

Die Reduzierung von Sicherheiten für die Bewilligung eines Aufschubkontos und eine zusätzliche Verlängerung der Zahlungsfrist für die Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) vom 16. auf den jeweils 26. des zweiten Monats nach Einfuhr, sollte die regelmäßige Überlassung von Nicht-Unionswaren in den zollrechtlich freien Verkehr deutlich vereinfachen. Der größte Vorteil: Die Zahlung kann bis zu dem Zeitpunkt verzögert werden, an dem die Einfuhrumsatzsteuer bereits rückerstattet worden ist, sodass keine liquiden Mittel das Unternehmen verlassen. So zumindest für die meisten importierenden Unternehmen. Anders verhält es sich bei den Speditionsunternehmen oder Zollagenten. Diese sind i. d. R. nicht vorsteuerabzugsberechtigt und müssen daher häufig in Vorkasse treten.

Maßgeblich für die Anpassung des Verfahrens war ein vom Bundestag und Bundesrat am 29.06.2020 beschlossenes „Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise“. Dabei wird zwischen drei Kontomodellen unterschieden:

Beim Zollkonto wird der Zollsatz einer Ware bis zur Fälligkeit aufgeschoben und wird in der Regel am 16. des Folgemonats fällig. Das EUSt-Konto dient dem Aufschub der Einfuhrumsatzsteuer. Die Fälligkeit wurde hier auf den 26. des zweiten darauffolgenden Monats aufgeschoben. So werden Anmeldungen aus Februar 2023 erst am 26.04.2023 fällig. Das dritte Modell ist das EUSt-Konto ohne Sicherheitsleistung.

Mit der Umsetzung des zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes (BGBl. I S. 1512) war es Unternehmen, die weniger als 25 Einfuhrsendungen pro Jahr importieren, nunmehr möglich, einen Antrag auf Bewilligung eines laufenden zollrechtlichen Zahlungsaufschubs für Einfuhrumsatzsteuer – ohne Sicherheitsleistung – zu stellen. Voraussetzung dafür war, dass die Unternehmen Waren einführen, für die im Durchschnitt EUSt-Beträge in Höhe von mindestens 10.000 Euro im Monat bzw. 120.000 Euro im Jahr zu entrichten sind.

Vom Wegfall der Sicherheitsleistungen im Genehmigungsverfahren für ein oder mehrere Aufschubkonten haben allen voran Unternehmen profitiert, die in der Vergangenheit wegen des Nichterreichens der Mindestanzahl an Einfuhren kein eigenes Aufschubkonto für Einfuhrumsatzsteuer beantragen durften. Dieser Schritt war in der angespannten Situation auf dem Importmarkt nicht nur wichtig, sondern brachte laut Generalzolldirektion die Erleichterungen, die von der Branche seit vielen Jahren gefordert wurden.

Aufschubkonten

Mit dem zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes war es Unternehmen, die weniger als 25 Einfuhrsendungen pro Jahr importieren, möglich, einen Antrag auf Bewilligung eines laufenden zollrechtlichen Zahlungsaufschubs für Einfuhrumsatzsteuer – ohne Sicherheitsleistung – zu stellen.
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Unionszollkodex lieferte die Grundlage

Bereits 2016, bei der Neugestaltung des Unionszollkodex (UZK) wurden die Rechtsvorschriften europaweit gelockert und somit der Weg für die heutigen Aufschubkonten mit der Reduzierung von Gesamtsicherheiten für mögliche Zollschulden geebnet. Der UZK legt dabei fest, dass die zu leistende Sicherheit, nach erfolgter Bewilligung und unter bestimmten Voraussetzungen auf 50 oder 30 % des Referenzbetrags reduziert werden kann.

Entscheidend dabei ist, ob die Zollschulden bereits entstanden sind, z. B. bei der Vereinfachten Überführung in den freien Verkehr, oder möglicherweise noch entstehen werden, wie bei der Vorübergehenden Verwahrung, dem Zolllager oder im Rahmen der Aktiven Veredelung.

Zudem ist auch der gänzliche Verzicht auf die Sicherheitsleistung möglich. All diese Erleichterungen werden nur bedingt bewilligt und setzen u. a. die Offenlegung von Jahresabschlüssen sowie die Auslegung einer Gesamtsicherheit in Form einer Verpflichtungserklärung oder als Barsicherheit voraus.

 

Vereinfachte Genehmigungsverfahren

Der Weg zum Aufschubkonto ist recht einfach: Sofern alle bis zur Antragstellung fälligen Zahlungsziele erreicht wurden, kann dem Antragssteller (Händler) oder auch einem Dritten (z. B. Spediteur) auf Antrag bei der Finanzbehörde ein Zahlungsaufschub gewährt werden. Das hat zwei Vorteile: Zum einen wird die Verzollung von Nicht-Unionswaren dadurch deutlich schneller abgewickelt, zum anderen stellt der Aufschub der Zahlungsfrist auf den 26. des Folgemonats eine wichtige Voraussetzung für die von der EU angestrebte zentrale Zollabwicklung innerhalb der Europäischen Union dar.

Von größter praktischer Bedeutung ist hier der bereits erwähnte laufende Zahlungsaufschub. Hierbei müssen die Abgaben nicht sofort bei der Zollabfertigung gezahlt werden, sondern zu einem späteren Zeitpunkt. Wobei alle Einfuhren, die in diesem Zeitraum getätigt wurden, in einer Sammelzahlung zusammengefasst werden. Die Bewilligungsvoraussetzungen für ein Aufschubkonto werden einmal jährlich durch die zuständigen Hauptzollämter überprüft.

Aufschubkonten

Schaut man sich die Warenbewegungen an der deutschen Grenze in den letzten zwei Jahren an, lässt sich tatsächlich ein positiver Trend erkennen.
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Nicht jeder profitiert vom Aufschubkonto

Das größte Risiko für Speditionsunternehmen im Zusammenhang mit Einfuhrabgaben liegt in der Verauslagung der Zölle und Einfuhrumsatzsteuer. Da eine Spedition laut Zollrecht grundsätzlich nicht die Verfügungsgewalt für die Lieferung besitzt, ist sie i. d. R. auch nicht vorsteuerabzugsberechtigt und kann sich die vorausgelegte Einfuhrumsatzsteuer nicht direkt von den Finanzbehörden zurückholen.

Allerdings können Speditionen einen Antrag auf Vorsteuerabzug stellen und sich die entsprechende Genehmigung erteilen lassen. Hinzu kommt, dass die Spedition gegenüber dem Zoll grundsätzlich in Vorleistung treten muss und darauf angewiesen ist, dass der Importeur die verauslagten Zölle auch tatsächlich bezahlt. Im Falle von Zahlungsausfällen können das Speditionsunternehmen oder der Zollagent also unter Umständen auf den bereits entrichteten Abgaben sitzen bleiben. Daher fertigen einige Spediteure und Zollagenten nur auf Fremd-Aufschübe ab.

Vom Zahlungsaufschub für Einfuhrabgaben profitieren also vornehmlich importierende Unternehmen, die vorsteuerabzugsberechtigt sind und dadurch Zölle und Einfuhrabgaben nicht bereits bei der Zollabfertigung entrichten müssen. In diesem Fall wirken sich Aufschubkonten sogar positiv auf den Cashflow aus und können für eine dauerhafte Liquidität sorgen. Durch den beschleunigten Prozess der Wareneinfuhr und den verlängerten Zeitraum zur Begleichung der Abgaben am 26. des zweiten Monats nach Einfuhr können folglich auch mehr Waren im laufenden Monat importiert werden. Das zumindest hatte sich die Generalzolldirektion von der Maßnahme versprochen.

Schaut man sich die Warenbewegungen an der deutschen Grenze in den letzten zwei Jahren an, lässt sich tatsächlich ein positiver Trend erkennen. Laut Außenhandelsstatistik wurden im Januar 2021 Waren im Wert von 84,3 Mrd. Euro nach Deutschland importiert (Originalwert, nicht Saison- oder Kalenderbereinigt). Im Januar 2022 lag der Wert bei 106,3 Mrd.

Die meisten Warenbewegungen fanden dabei laut Transportindex auf dem Luftoder Seeweg statt. Besonders groß war der Zuwachs bei den Steuern vom Umsatz im Jahr 2022. Die Einnahmen aus der Umsatz- und Einfuhrumsatzsteuer stiegen dabei um 22,2 % auf 101,8 Mrd. Euro. Das statistische Bundesamt erklärt den starken Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum mit einer schwachen Vergleichsbasis.

In den ersten Monaten des Jahres 2021 hatten die Corona-Pandemie, die dagegen getroffenen Eindämmungsmaßnahmen sowie auch die im Zusammenhang mit der Pandemie ergriffenen steuerlichen Maßnahmen einen enormen Einfluss auf die Einnahmen aus den Steuern vom Umsatz. Ob die gestiegenen Importraten direkt auf die Einführung von Aufschubkonten und die damit zusammenhängende Erleichterung im Internationalen Warenverkehr zurückzuführen sind oder aus der Pandemie hervorgehen, bleibt weiterhin unklar.

 

Wie sieht es in den Nachbarländern aus?

Die Regelungen zur Einfuhrumsatzsteuer sind in anderen europäischen Ländern schon seit vielen Jahren deutlich vorteilhafter für Logistiker. Das ist vielen in der Branche ein Dorn im Auge. Die einfachere Eingangsabwicklung durch bessere Regelungen bei den Einfuhrabgaben machte es den konkurrierenden Transportunternehmen aus den benachbarten Ländern mitunter einfach, Kunden gerade zu Beginn der Pandemie abzuwerben.

Während bei allen innerhalb der Europäischen Union ansässigen Unternehmen bei Überführung von Waren in den freien Verkehr über die deutsche Grenze eine Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % (7 % reduziert) anfällt, wird für Waren, die aus Staaten außerhalb der EU nach Deutschland importiert werden, die Einfuhrumsatzsteuer geltend gemacht (die in der Regel der Mehrwertsteuer gleicht).

Jedes Land innerhalb der EU hat einen Normalsatz definiert, der für die meisten Umsätze gilt. Laut EU-Vorschriften darf dieser 15 % nicht unterschreiten. Die Mehrwertsteuer wird grundsätzlich in dem EU-Land erhoben und geschuldet, in dem die Waren vom Endverbraucher genutzt werden. Gleiches gilt für die Einfuhrumsatzsteuer aus Nicht-EU-Ländern.

In den Niederlanden zum Beispiel muss die EUSt nicht bereits bei der Einfuhr gezahlt werden, sondern wird nach Abschluss des Anmeldevorgangs verrechnet. In der Schweiz hingegen sieht die Regelung anders aus: Hier liegt der Regelsatz für Einfuhrabgaben bei 7,7 %, der reduzierte Steuersatz bei 2,5 %. Dieser wird beispielsweise auf Grundnahrungsmittel erhoben. Die Bemessungsgrundlage ist, ähnlich wie in Deutschland, der Kaufpreis.

 

Fazit: Maßnahmen und ihre Wirkung

Als Maßnahme zur Milderung wirtschaftlicher Schäden wurde das Zahlungsziel für die Einfuhrumsatzsteuer über Aufschubkonten vom deutschen Zoll verlängert. Von Nutzen ist der laufende Zahlungsaufschub v. a. für importierende Unternehmen und Endverbraucher. Für Speditionsunternehmen und Zollagenten bleit das Risiko des Zahlungsverzugs seitens der Endkunden auch weiterhin bestehen, sofern sie nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind und die Zölle und Einfuhrumsatzsteuer noch vor dem Import auslegen müssen.

Das Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise erleichterte dennoch den Weg für Importe aus Drittstaaten, indem es einen Zahlungsaufschub bis zum 26. des zweiten Monats nach der Einfuhr und Sammelzahlungen ermöglichte. Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Einnahmen durch Einfuhrumsatzsteuer im Jahr 2022, was auf eine erhöhte Importrate von Waren aus dem Europäischen Ausland schließen lässt.

Abzuwarten bleibt, ob die Importe auch weiterhin steigen, oder es zu einer Rückläufigkeit der Zahlen kommt, sobald sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland stabilisiert hat und die Inflation wieder auf ein Normalniveau gesunken ist.

Die Autorin

Anastasia Kazantzis ist seit 2021 Head of Public Relations bei Riege Software, einem der führenden Anbieter cloudbasierter Software für die Logistik-Industrie.

Kontakt:
M: [email protected]
T: +49 2159 9148 315

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