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EXPORT UND LOGISTIK

Innovative Versandsoftware im Fokus

Herausforderungen und Chancen bei der Vernetzung von Zoll und Versand

Text: Niklas Nareyka, Daniel Quenstedt | Foto (Header): © ORG – stock.adobe.com

Versandprozesse werden für Unternehmen zu einem immer wichtigeren Bestandteil der Wertschöpfungskette. Durch eine zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen Zoll- und Versandsoftware lassen sich große Wettbewerbsvorteile erzielen. Der folgende Beitrag zeigt die Vorteile und die Bedeutung einer professionellen Vernetzung von Zoll und Versand auf.

Auszug aus:

Zoll.Export
Ausgabe Oktober 2024
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Zoll und Versand sollten Hand in Hand gehen. Der Einsatz von professioneller Zoll- und Versandsoftware bietet zahlreiche Vorteile für Unternehmen und ihre Kunden im internationalen Handel. Zollabfertigungen lassen sich durch den Einsatz von Versandsystemen beschleunigen, da durch Datenintegration und Schnittstellenkommunikation zwischen den Systemen der manuelle Aufwand deutlich verringert wird.

 

Zollverfahren im Versand und internationalen Handel

Im Versand und internationalen Handel gibt es eine Vielzahl von Zollverfahren, die abhängig von den jeweiligen Anforderungen und Gegebenheiten angewendet werden. Sie sind darauf ausgelegt, den internationalen Warenverkehr zu regulieren und zu überwachen. Im Normalfall kommen insbesondere die folgenden

Zollverfahren zum Einsatz:

1. Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr (Einfuhr): Dies ist das häufigste Zollverfahren und bedeutet, dass die eingeführte Ware in den Wirtschaftskreislauf des Bestimmungslandes überführt wird. Dabei müssen alle anfallenden Einfuhrabgaben (Zölle, Einfuhrumsatzsteuer, eventuell Verbrauchsteuern) entrichtet und alle notwendigen Einfuhrvorschriften erfüllt werden.

2. Ausfuhrverfahren: Das Ausfuhrverfahren ist notwendig, wenn Waren das Zollgebiet der Europäischen Union (EU) oder eines anderen Wirtschaftsraums verlassen. Hierbei müssen Ausfuhrdokumente erstellt und ggf. Ausfuhrabgaben entrichtet werden. Dieses Verfahren besteht i. d. R. aus zwei Schritten: der Anmeldung bei der Ausfuhrzollstelle und der Bestätigung durch die Ausgangszollstelle.

3. Zolllagerverfahren: Waren können in ein Zolllager überführt werden, um dort unter Zollaufsicht gelagert zu werden. Dabei müssen keine Einfuhrabgaben gezahlt werden, solange die Waren im Lager bleiben. Dieses Verfahren wird genutzt, um Waren zwischenzulagern, bevor sie in den freien Verkehr überführt oder wieder exportiert werden.

4. Versandverfahren (gemeinsames/gemeinschaftliches Versandverfahren): Das Versandverfahren ermöglicht den Transport von Waren unter Zollaufsicht von einem Zollort zu einem anderen, ohne dass sofort Einfuhrabgaben erhoben werden. Es gibt verschiedene Arten des Versandverfahrens, wie z. B. das T1-Verfahren (nichtgemeinschaftliche Waren) und das T2-Verfahren (gemeinschaftliche Waren).

5. Veredelungsverfahren:
– Aktive Veredelung: Dieses Verfahren erlaubt es, Nicht-EU-Waren zur Verarbeitung in die EU zu importieren, ohne dass sofortige Abgaben anfallen. Nach der Verarbeitung können die Waren wieder exportiert werden, ohne dass Einfuhrabgaben zu zahlen sind, oder in den freien Verkehr überführt werden, wobei dann die Abgaben auf den Wert der Rohstoffe und nicht der fertigen Produkte erhoben werden.
– Passive Veredelung: Hierbei werden EU-Waren vorübergehend zur Bearbeitung oder Reparatur außerhalb der EU exportiert und anschließend wieder eingeführt. Dabei fallen nur auf den Mehrwert, der durch die Bearbeitung entstanden ist, Einfuhrabgaben an.

6. Vorübergehende Verwendung: Waren können vorübergehend in die EU eingeführt werden, ohne dass Einfuhrabgaben anfallen, wenn sie nach einer bestimmten Zeit wieder ausgeführt werden. Dieses Verfahren wird häufig für Waren verwendet, die für Messen, Ausstellungen oder Reparaturen vorgesehen sind.

7. Endverwendung: Bestimmte Waren, die einer speziellen Verwendung zugeführt werden (z.B. in der Luftfahrt oder Schifffahrt), können zu einem ermäßigten Zollsatz oder zollfrei eingeführt werden, wenn sie tatsächlich in der vorgesehenen Weise verwendet werden.

8. Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr mit anschließender Verwendung in einem speziellen Zollverfahren: Dies kann notwendig sein, wenn Waren zunächst in den zollrechtlich freien Verkehr überführt werden müssen, um dann in ein anderes spezielles Zollverfahren, wie z. B. die Veredelung, überzugehen.

9. Carnet-Verfahren (Carnet A.T.A): Das Carnet A.T.A ist ein internationales Zollpapier, das die vorübergehende zollfreie Einfuhr und Durchfuhr von Waren ermöglicht. Es wird häufig für Berufsausrüstungen, Messegüter oder Muster verwendet. Jedes dieser Verfahren hat spezifische Anforderungen und Voraussetzungen, die Unternehmen beachten müssen. Eine sorgfältige Planung und Dokumentation sind entscheidend, um die Vorteile der jeweiligen Zollverfahren optimal zu nutzen und Verzögerungen sowie zusätzliche Kosten zu vermeiden.

 

Wichtigkeit des richtigen Versandsystems

Zollvorschriften ändern sich häufig, und Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Systeme stets auf dem neuesten Stand sind. Die Softwareanbieter spielen hier eine wichtige Rolle, indem sie regelmäßige Updates und Anpassungen bereitstellen, um die Einhaltung der aktuellen Vorschriften zu gewährleisten.

Durch den Einsatz des richtigen Versandsystems, das mit der Zollsoftware kommuniziert, kann der Versender eine Menge Zeit und Kosten sparen und sich auf die wesentlichen Geschäftsprozesse konzentrieren.

Neben dem Zusammenspiel mit dem Zoll ist die Verarbeitung von Trackingdaten elementar wichtig für die Optimierung der Versandprozesse.

 

Vorteile bei der Verarbeitung von Trackingdaten für Absender und Empfänger

Transparenz im Versandprozess
Trackingdaten ermöglichen es dem Unternehmen, den gesamten Versandprozess in Echtzeit zu überwachen. So lassen sich beim Transport entstandene Probleme, wie Verzögerungen, verlorene Packstücke oder Transportschäden, frühzeitig erkennen und beheben.

Kostenkontrolle
Durch die Auswertung und Analyse der Trackingdaten können Unternehmen die eigene Versandstrategie optimieren und beispielsweise die Transportkosten reduzieren. Ebenfalls bietet die Identifikation der effizientesten und zuverlässigsten Transportdienstleister und Versandrouten ein Optimierungspotential der Versandprozesse.

Steigerung der Kundenzufriedenheit
Schöpft der Versender die möglichen Optimierungspotentiale aus, kann er jederzeit angemessen auf Kundenanfragen reagieren und eventuelle Transportprobleme durch proaktive Handlungen möglichst gering halten. Zudem können die Informationen transparent an den Kunden kommuniziert werden. Für den Empfänger bietet die Möglichkeit, die Sendung Schritt für Schritt zu verfolgen, mehr Sicherheit und die Gelegenheit, die eigenen Prozesse bei Verspätungen oder Schäden direkt anzupassen.

Automatisierung und Skalierbarkeit
Moderne Versandsysteme bieten die Möglichkeit, automatisierte Prozesse und Benachrichtigungen in Schadensfällen anzustoßen und helfen dabei, die eigenen Supportressourcen zu schonen und die Empfänger aktiv mit den relevanten Informationen zu versorgen. Durch die Automatisierung dieser Prozesse kann die Software bei steigendem Versandvolumen problemlos skalieren, ohne dass der Arbeitsaufwand proportional steigt.

 

Schnittstellen zwischen Versand- und Zollsystem

Die Integration von Versand-, Zoll- und Vorsystemen stellt eine der größten Herausforderungen dar. Unterschiedliche Systeme haben oft unterschiedliche Datenformate und Kommunikationsprotokolle, was die nahtlose Integration erschwert. Zudem müssen sicherheitsrelevante Aspekte berücksichtigt werden, um den Schutz sensibler Daten zu gewährleisten.

Trotz der Herausforderungen bieten Schnittstellen auch erhebliche Vorteile, insbesondere im Bereich der Automatisierung. Durch die Automatisierung von Datentransfers und Prozessen können Fehler reduziert, Zeit gespart und die Effizienz erhöht werden. Dies ermöglicht es Unternehmen, schneller auf Marktveränderungen zu reagieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

 

Herausforderungen bei der Nutzung einer neuen Versandsoftware

Die Einführung neuer Software erfolgt selten von heute auf morgen. Meistens ist ein schrittweiser Übergang notwendig, um den laufenden Betrieb nicht zu gefährden. Dies bedeutet, dass alte und neue Systeme eine Zeit lang parallel betrieben werden müssen, was zusätzlichen Aufwand und Ressourcen erfordert. Während der Einführung einer neuen Versandsoftware muss der laufende Betrieb ohne Unterbrechung weitergeführt werden. Dies erfordert eine sorgfältige Planung und Koordination, um sicherzustellen, dass es zu keinen Verzögerungen oder Störungen im Versandprozess kommt.

 

Projektbeispiel aus der eigenen Praxis: Einführung eines neuen Versandsystems

Eine der führenden und erfolgreichsten Online-Druckereien Europas, mit Stammsitz in Würzburg, sah sich gezwungen, ein neues Versandsystem einzuführen, nachdem der bisherige Softwarepartner im Jahr 2022 ankündigte, sein System nicht weiterzuentwickeln.

Im Juli 2022 wurde der Kontakt zu uns hergestellt. Die zentrale Herausforderung bestand darin, das neue Versandsystem parallel zum bestehenden System zu implementieren, um einen reibungslosen Übergang sicherzustellen. Dabei musste auch die technische Zollabwicklung zweigleisig organisiert werden, da Verzögerungen direkte Auswirkungen auf die Produktion, den Versand und die termingerechte Zustellung der Sendungen hätten haben können. Die Umstellung brachte mehrere Herausforderungen mit sich, darunter:
– Auswahl des geeigneten Partners
– Umsetzung und Planung der Neuentwicklungen Ein entscheidender Faktor war dabei die Wahl eines integrierten Versand- und Zollsystems, um Anpassungen effizient durchführen zu können.

Derzeit befindet sich das System in einer kombinierten Test- und Erprobungsphase, um sicherzustellen, dass alle Komponenten reibungslos zusammenarbeiten und die Anforderungen erfüllen. Dieser Schritt ist entscheidend, um langfristig einen störungsfreien Versandprozess und optimierte Abläufe in der Produktion zu gewährleisten.

 

FAZIT

Eine enge Integration von Zoll- und Versandsystemen führt zu einer effizienteren, kostengünstigeren und sichereren Abwicklung internationaler Sendungen. Sie trägt dazu bei, dass Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben, indem sie schnelle und zuverlässige Lieferungen bieten, während sie gleichzeitig gesetzliche Anforderungen einhalten und ihre Betriebskosten optimieren. Für Kunden bedeutet dies eine bessere Erfahrung durch transparente Kommunikation und kürzere Lieferzeiten.

Die Autoren

Niklas Nareyka ist Teamleiter für Advantage Delivery im Bereich Customs Solutions bei der dbh Logistics IT AG in Bremen.
Kontakt:
sales@dbh.de
www.dbh.de

Daniel Quenstedt ist Senior Project Manager LOGISTICS im Bereich Business Development & Operations bei der FLYERALARM GmbH in Würzburg.

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