Grenzüberschreitende Versendung von Mustern - zoll-export.de
Export- und Zollpraxis kompakt

Versendung von Mustern

Dokumente und Ausfuhrformalitäten beim Versand von Musterlieferungen

Text: Stefan Balling | Foto (Header): © Chaosamran_Studio – stock.adobe.com

Dokumente im grenzüberschreitenden Handel sind nicht nur ein wesentlicher Bestandteil für die Geschäftsabwicklung, sondern auch unerlässlich für die Durchführung von Zollabwicklungen bei der Versendung und der Einfuhr von Waren (Deklarationspflicht). Insbesondere, wenn es sich bei der Versendung um eine Musterlieferung oder Waren handelt, die nur vorübergehend im Zielland bleiben sollen, gibt es vorab einiges zu beachten, damit die Ausfuhr gelingen kann. In ihrer Funktion sind infolgedessen Außenhandelsdokumente sehr mannigfaltig und dienen im Wesentlichen als Handels-, Zoll- sowie Transport- und Versicherungsdokumente.

Auszug aus:

Zoll.Export
Ausgabe Dezember 2021
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Handels- und Zolldokumente sind i. d. R. nicht standardisiert, sodass sich die Wirtschaftsteilnehmer über die unterschiedlichen Inhalte, über die Korrespondenzsprache, Formen und Funktionen vor der Ausstellung der Dokumente und vor der Versendung in das Bestimmungsland informieren sollten bzw. müssen. In manchen Ländern müssen Sie z. B. bei der Einfuhr von den jeweiligen Konsulaten legalisierte Handelsrechnungen, Ursprungszeugnisse und Transportdokumente im Original vorlegen.

Welche Dokumente Sie für die Zollabwicklungen bei der Versendung benötigen, ergibt sich grundsätzlich aus den kaufvertragsrechtlichen Vereinbarungen (Kaufvertrag) und den Ein- und Ausfuhrvorschriften der beteiligten Länder. Folgende Handels- und Zolldokumente sind relevant:

  • Handelsrechnung (Commercial Invoice)
  • Pro-forma-Rechnung
  • Zollfaktura (combined Certificate of Value, Origin and Invoice)
  • Konsulatsfaktura (Consular invoice)
  • Transportdokumente
  • Ursprungszeugnisse
  • Präferenznachweise, Ursprungserklärungen

 

Musterlieferungen

Im Rahmen des „Internationalen Abkommens zur Erleichterung der Einfuhr von Warenmustern und Werbematerial“ aus dem Jahr 1952 befreit jede Vertragspartei Muster von Waren aller Art von den Eingangsabgaben, sofern diese Muster nur einen geringfügigen Wert besitzen und lediglich zur Erlangung von Aufträgen für die Einfuhr der von den Mustern dargestellten Waren dienen können. Für die Beurteilung, ob die Muster von geringfügigem Wert sind, können die Zollbehörden des Einfuhrlands den Wert jedes einzelnen Musters oder den Gesamtwert aller der gleichen Sendung zugehörigen Muster zugrunde legen. Die Zollbehörden des Einfuhrlands können (nicht müssen!) die Einfuhrabgabenfreiheit davon abhängig machen, dass die Muster durch Kennzeichnen, Durchlochen oder auf andere Weise als Waren unbrauchbar sind, ohne dass sie jedoch ihre Eigenschaft als Muster verlieren.

Durch diese Formulierung obliegt es folglich jeder Zollbehörde selbst, die unterschiedlichen Kriterien für die Einfuhrabgabenfreiheit im Sinne des Abkommens zu bestimmen. Aus diesem Grund kann nicht von einheitlichen Bestimmungen bei der Einfuhr und der Versendung von Mustern ausgegangen werden. Weitere Voraussetzungen sind, dass

  • die Muster weder verkauft, vermietet noch gegen sonstige Vergütung verwendet werden dürfen,
  • sie innerhalb einer entsprechenden Frist wieder ausgeführt werden und
  • die Nämlichkeit bei der Wiederausfuhr festgestellt werden kann.

Anbei folgen zwei Beispiele für die unterschiedliche Bewertung von Musterlieferungen (Quelle K+M):

USA

Muster ohne Handelswert oder Muster, die nur als solche verwendbar sind oder deren Wert 1 USD nicht übersteigt, erfordern keine Einfuhrabgaben. Voraussetzung hierfür ist eine nicht entfernbare Kennzeichnung als „SAMPLE“ in vorgeschriebener Art und Weise. Warenmuster, die nicht zum Verbleib bestimmt sind, können Sie vorübergehend unter Hinterlegung einer Sicherheit oder mit einem Carnet ATA einführen.

Schweiz

Unverkäufliche Warenmuster und -proben, die nicht für den Konsum bestimmt sind, sind zollfrei und mehrwertsteuerfrei. Außerdem sind Warenmuster zur Bestellungsaufnahme zoll- und mehrwertsteuerfrei, sofern sie keinen Eigenwert besitzen, z. B. wenn der Erzeuger sie unbrauchbar gemacht hat, wenn sie präsentiert, analysiert und getestet werden und ihr Wert 100 CHF pro Warengattung nicht übersteigt.

Bei entgeltlichen Warenmustern, die die oben genannten Kriterien nicht erfüllen, können Sie davon auszugehen, dass Einfuhrabgaben im Bestimmungsland entstehen. Für „teure“ Muster besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass man diese im Bestimmungsland in die vorübergehende Verwendung unter Leistung von Sicherheiten überführen und anschließend wieder ausführen kann. Ebenso kann auch die Abwicklung über ein Carnet ATA möglich sein, dazu später mehr.

Muster als Handelsware in der Schweiz

Auch Musterlieferungen unterliegen bei der Versendung und Einfuhr einer Melde- und Deklarationspflicht, sodass die Erstellung eine Pro-forma-Rechnung mit allen handelsüblichen Angaben obligatorisch ist. Bei der Mitnahme von Mustern im Reiseverkehr, also im persönlichen Gepäck, gelten Muster als „Handelswaren“ und Sie müssen diese demnach bei der Aus- und Einfuhr unter Vorlage der Pro-forma-Rechnung zollrechtlich anmelden.

Der oder die Reisende muss sich diesbezüglich darüber informieren, über welchen „besetzten“ Grenzübergang er oder sie die EU verlässt. Diese Person muss dafür Sorge tragen, dass sie die Ware an der Grenze korrekt anmeldet und einen Zollbeamten ermittelt. Die Reisenden müssen selber wissen, dass ausschließlich sie für die korrekte Anmeldung bei den Zollstellen verantwortlich sind und persönlich haften. Bei der Versendung oder Mitnahme von Musterlieferungen in kritische Länder (Embargoländer) ist, unabhängig vom Warenwert, im Vorfeld die Durchführung einer Exportkontrolle signifikant. Diese sollte immer mit den verantwortlichen Personen wie z. B. dem Ausfuhrverantwortlichen abgesprochen werden.

 

Pro-forma-Invoice

Wie bereits erwähnt, unterliegen auch Musterlieferungen der Deklarations- und Meldepflicht bei jeder Ausfuhr in ein Drittland oder Einfuhr aus einem Drittland. Da Zollanmeldungen grds. ein vorgeschriebener Datenkranz erfordern, empfehle ich Ihnen, für jede Musterlieferung eine Pro-forma-Invoice mit den folgenden maßgeblichen Daten zu erstellen:

  • Name und Anschrift des Versenders und Empfängers
  • Genaue Warenbeschreibung
  • Mengenangaben
  • Ursprungsland
  • HS-Code – Tarifnummer
  • Wert der Muster (Einzel- und Gesamtwert)
  • Packstücke, Brutto-, Nettogewicht
  • Lieferbedingung (Incoterms)

Bitte beachten Sie, dass die aufgeführten Daten nur das „Gerüst“ bilden und Sie diese je nach Bestimmungsland ergänzen müssen. Auskunft über die genauen Inhalte und Korrespondenzsprache können Sie z. B. den Konsulats- und Muster-Vorschriften entnehmen. Des Weiteren sollte bei der Versendung zusätzlich auf den Pro-forma-Rechnungen der Grund der „kostenlosen“ Lieferung angezeigt werden. Dies erleichtert den jeweiligen Zollbeamten die Zuordnung zu einem Zollverfahren.

Beispiele für die Angabe eines Grundes:

Warenwert nur für Zollzwecke – value for customs purposes only

Kostenlose Lieferung – shipment free of charge – samples

Da auch Musterlieferungen Einfuhrabgaben unterliegen können oder von Wertgrenzen abhängig sind, müssen Sie besonders auf die nachvollziehbare Wertangabe achten.

Im Außenhandel gibt es keine Ware ohne Wert, diesbezüglich dürfen Exporteure keine willkürlichen oder fiktiven Werte deklarieren. Der Wert einer Ware muss sich demzufolge immer auf nachvollziehbare Kriterien wie z. B. Katalogpreise, Einkaufspreise oder Materialwert beziehen. Beachten Sie hierbei, dass jeweils der Ausführer und Einführer für die richtige Wertdeklaration in den Zollanmeldungen verantwortlich ist. Daraus folgt, dass speziell bei der Einfuhr von Mustern die Wertangaben vom Einführer überprüft und durch reelle Werte ersetzt werden müssen.

Bei der Einfuhr von „teuren“ Mustern besteht die Möglichkeit, diese in die temporäre vorübergehende Verwendung oder in die Erprobung (gem. Zollbefreiungs-Verordnung) zu überführen. Alternativ hat der Versender die Möglichkeit die Ware bei der Ausfuhr in das Carnet-Verfahren zu überführen.

 

Carnet ATA und Carnet CPT

Wie bei den Musterlieferungen bereits erwähnt, lässt sich das Carnet ATA für vorübergehende Einfuhren verwenden. Der Vorteil des Carnet ATA liegt darin, dass Waren, die nur vorübergehend ins Ausland verbracht werden, dort ohne klassische Zollanmeldungen und Hinterlegung von Sicherheiten für ausländische Einfuhrabgaben eingeführt werden können. Anstelle von zu hinterlegenden Einfuhrabgaben werden diese durch Bürgschaften der Handelskammern gesichert. Für die sich bei Unregelmäßigkeiten ergebende Verbindlichkeit gegenüber den ausländischen Zollverwaltungen haftet dann der Deutsche Industrie- und Handelskammertag e. V. (DIHK).

Dies hat den Vorteil, dass kein Bargeld mitgeführt werden muss oder Bürgschaften in anderer Form hinterlegt werden müssen. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass keine weiteren Dokumente für die Zollanmeldungen notwendig sind, da diese über die integrierten Trennabschnitte Ausfuhr (gelb), Einfuhr (weiß), Wiederausfuhr (weiß) und Wiedereinfuhr (gelb) erfolgen. Für Transitabfertigungen müssen Sie ergänzend blaue Trennabschnitte verwenden.

Carnet ATA für Gebrauchsgüter

Grundsätzlich kann man für alle „Gebrauchsgüter“ ein Carnet ATA anfordern. Ausgenommen vom Carnet-ATA-Verfahren sind verderbliche Waren und Verbrauchsgüter wie Werbegeschenke und Prospekte, da diese i. d. R. im Ausland verbleiben und nicht zurückgeführt werden. Zugelassen für das Carnet-ATAVerfahren sind insbesondere Warenmuster, Güter für Messen, Ausstellungen und Berufsausrüstungen. Die Gebühren für die Ausstellung des Carnet ATA können den jeweiligen Gebührenrtarifen der IHK entnommen werden. Neben den reinen Abwicklungsgebühren ist die Zahlung des Versicherungsentgelts abhängig vom Gesamtwert der im Carnet aufgelisteten Güter zu leisten.

Die Abwicklung des Carnet ATA in vier Schritten

Die Abwicklung eines Carnet ATA erfolgt im Wesentlichen – vereinfacht dargestellt – in vier Schritten.

  1. Beantragung des Carnet ATA bei der zuständigen IHK – Laufzeit 1 Jahr
  2. Eröffnung des Carnet ATA bei der zuständigen Ausfuhrzollstelle und Sicherung der Nämlichkeit – Identität der Waren
  3.  Gestellung und Abwicklung des Carnet ATA an den Grenzzollstellen durch Entnahme der jeweiligen Trennblätter und Eintragungen in den Stammabschnitten; die Abwicklung des Carnet ATA bei den Grenzzollstellen ist gebührenfrei.
  4. Rückgabe des Carnet ATA an die zuständige IHK

Bemerkung zu Schritt 3

Bei der Mitnahme der Ware und des Carnet ATA im persönlichen Reisegepäck ist der oder die Reisende selbst dafür verantwortlich, dass die Ware und das Carnet ATA an den Grenzzollstellen bei den Zollbehörden vor Ort gestellt und das Carnet ATA abgewickelt wird. Der Reisende sollte diesbezüglich stets darauf achten, dass die Eintragungen der Zollabwicklungen in den Stammabschnitten erfolgen, da fehlende Eintragungen grundsätzlich zu einer nachträglichen Abgabenerhebung führen.

Zusätzlich sollte der oder die Reisende ausreichend Zeit für die Zollabwicklungen in seiner Reiseplanung berücksichtigen und sich im Vorfeld über die Öffnungs- bzw. Amtszeiten der Zollbehörden an den Flughäfen oder Grenzübergängen informieren.

 

Verlängerung des Carnet ATA – Anschluss-Carnet ATA

Die Gültigkeitsdauer eines Carnet ATA beträgt höchstens ein Jahr und ist nicht verlängerbar. Wenn die Waren jedoch länger oder endgültig im Ausland verbleiben sollen, gibt es die Möglichkeit, diese dort in den freien Verkehr (= Verzollung) oder in ein besonderes Zollverfahren wie z. B. die vorübergehende Verwendung (max. zwei Jahre) oder Zolllager zu überführen.

Wichtig ist hierbei der Vermerk der Überführungen in die genannten Zollverfahren in den Stammabschnitten des Carnet ATA. Wenn die Ware über die Gültigkeitsdauer des Carnet im Ausland verbleiben soll, kann dies auch über ein Anschluss-Carnet ATA erfolgen. Zu beachten ist allerdings, dass nicht alle Teilnehmerländer Anschluss-Carnets ATA akzeptieren, sodass man sich darüber im Vorfeld bei den zuständigen IHK informieren sollte.

Voraussetzung für die Ausstellung eines Anschluss-Carnet ATA

Voraussetzung für die Ausstellung eines Anschluss-Carnet ATA ist, dass das „alte“ bzw. ursprüngliche Carnet ATA zum Zeitpunkt der Neuausstellung vorliegen muss (obwohl sich die Ware noch im Ausland befindet). Hat die IHK das Anschluss-Carnet ATA ausgestellt, müssen die Nämlichkeitsvermerke bei der zuständigen Zollstelle übernommen werden. Dazu müssen Sie das Anschluss-Carnet ATA und das „alte“ Carnet ATA vorlegen.

Ganz wichtig ist hierbei, dass dies vor dem Ablauf der Gültigkeitsdauer des „alten“ Carnet ATA geschehen muss. In den Carnets erfolgen dann in den Stammabschnitten die notwendigen Eintragungen durch die Zollbehörde. Abschließend geht das „alte“ Carnet ATA, am besten mit einer Kopie des Anschluss-Carnet ATA, an die zuständige IHK zurück.

 

Verbleib der Waren im Ausland

Bei Messen und Ausstellungen ist es nicht unüblich, dass sich für die Waren während der Ausstellung oder Messe ein Käufer findet. Die „verkauften“ Waren können Sie grundsätzlich nach der Messe an den Messezollstellen unter Vorlage des Carnet ATA in den freien Verkehr überführen. Nach Leistung der Einfuhrabgaben vermerkt die zuständige Behörde die Überführung in den freien Verkehr dann im Stammabschnitt des Carnet ATA. Für die verkauften Waren müssen Sie dann allerdings nachträglich eine Ausfuhranmeldung unter Bezugnahme auf das Carnet ATA bei der zuständigen Ausfuhrzollstelle abgeben.

 

Fazit

Musterlieferungen, endgültige Versendungen bei Verkäufen sowie vorübergehende Versendungen zur Durchführung von Be- oder Verarbeitungen oder Reparaturen in Drittländer sind heute für viele Unternehmen gang und gäbe. Dennoch sind, gerade bei der Versendung von Musterlieferungen, die Dokumenten Erstellung und Wertdefinition oft unzureichend.

Die überwiegende Meinung, dass Mustersendungen keinen Wert besitzen und dafür generell keine Einfuhrabgaben anfallen, ist weit verbreitet. Dieser Beitrag soll zeigen, dass auch Musterlieferungen nur unter gewissen Voraussetzungen frei von Einfuhrabgaben sind. Die Deklarations- und Meldepflicht sind dementsprechend nicht aufgehoben, sondern gesetzlich vorgeschrieben.

Für die Einhaltung der Zollvorschriften sind immer der Ausführer und Einführer in der Verantwortung. Daraus ergibt sich, dass sie sich eigenständig über die Abläufe und Modalitäten der Zollverfahren informieren müssen, auch wenn ein Dienstleister diese durchführt. Vollständige Unterlagen, eine gute Vorbereitung und das notwendige Fachwissen sind heute zur Durchführung und Abwicklung von Ausfuhren und Einfuhren elementar für die Wirtschaftsbeteiligten.

Der Autor

Stefan Balling ist als Zollreferent bei der Max-Planck-Gesellschaft in München tätig. Als langjähriger Zollreferent und mit über 30 Jahren Berufserfahrung in der Materie Zoll und Außenhandel in den Bereichen Dienstleistung, Telekommunikation und Maschinenbau hat er sich zum Fachmann entwickelt. Darüber hinaus ist er als selbstständiger Dozent in der Fachrichtung Import und Export tätig.

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